Sonntag, 16. November 2014

Tagebuch eines Goblins X

Der Morgen graut, es ist beängstigend still auf der Insel ...  hier und da zerrissen durch das Nerv tötende sirren der Moskitos. Die Sonne drängt den Nebel zurück und nach einem kargen Frühstück macht sich die Gruppe schweigend auf den Weg zurück zu Reef Claw. Jeder hängt seinen Gedanken nach und behält nervös die Umgebung im Auge!

Der Plan ist einfach! Nachdem wir uns heldenhaft über die gesamte Insel geprügelt und fleißig Alpträume gesammelt haben, müssen wir nun auf unser Schiff zurückkehren, um die Wasserversorgung sicher zu stellen ... wenn die Crew drauf geht, kommen wir hier gar nicht mehr weg! Anschließend geht es mit dem Beiboot um die Insel herum zum Strand. Von dort aus werden wir über das entdeckte Loch zu den Grindylows heruntersteigen ... denen werden wir mal so richtig die Hölle heiß machen. Hoffentlich ist von Barefoot und Sandara noch was übrig, was sich zu retten lohnt!

Der Weg zurück weckt gerade verdrängte Erinnerungen und in unausgesprochener Einigkeit rennen wir fast zum Boot. Glücklicherweise begegnen wir niemandem. Es regt sich zart die Hoffnung, alle untoten Schrecken der Insel beseitigt zu haben ... bis wir im verlassen Dorf frische Fußspuren bemerken! Unter keinen Umständen gehe ich noch mal durch diesen verseuchten Dschungel!

An Bord ist die Stimmung gedrückt, die Moral aber noch in Takt. Die Reparaturen an der Reef Claw nähern sich der Vollendung und das Deck weißt einige Lücken auf. Lieber etwas über das Deck balancieren als mit dem Schiff absaufen … oder gar hier stranden.
Schnell sorgt Tork für Wasser. Meine Schildkröte ist auch nicht da … undankbares Biest … ich muss Ambrose mal nach einem guten Rezept mit Schildkrötenfleisch fragen …

Die Zeit drängt nicht nur wegen Barefoot und Sandara. Der Gesundheitszustand von Crost und Reckless wird auch immer schlechter. Dennoch weigern sich beide an Bord zu bleiben. Ohne weiter rumzutrödeln geht es mit dem Beiboot an der Küste entlang. Sehr aufmerksam werden Strand und auch Wasser im Auge behalten.
Dabei fallen mir wieder die eigenartigen Skelette auf. Kurz entschlossen nehme ich alle Knochenteile mit, derer ich habhaft werden kann und baue daraus eine Skelettstandarte … blöde Sprüche meiner Kameraden inklusive. Ok, skurril mutet das aus Knochen verschiedenster Individuen gebaute Skelett schon an, aber denen wird das Lachen schon noch vergehen, wenn ich damit die Grindylows in Schach halte …

Wir ziehen das Beiboot auf den Strand und bewegen uns vorsichtig an der Steilküste auf das Loch zu. In einiger Entfernung müssen wir am verwahrlosten Feld vorbei … zuerst leise und behutsam … bis plötzlich die Erde rumpelt und am Rande des Feldes eine Verwerfung im Erdboden sichtbar wird. Gebannt starren wir auf das Phänomen. Plötzlich bricht ein Ankhek aus dem Boden und versucht uns zu erreichen. Der Anblick dieses Ungetüms jagd Adrenalin durch unsere Adern und geschlossen nimmt die Gruppe die Beine in die Hand. Auf der Flucht zum nächsten felsigen Untergrund, wo das Vieh nur sehr langsam vorankommt, muss ich leider meine Skelettstandarte zurücklassen … ich hoffe wir sind den Grindylows nun nicht hilflos ausgeliert!

Außer Atem erreichen wir das Loch! Man haben wir Glück, es ist Flut! So brauchen wir nicht klettern und können direkt ins Wasser springen … bis auf Walbur! Er mag nicht springen und klettert lieber … was ne Pussy!
Leider scheinen sich in jedem Winkel dieser gottlosen Insel Viecher zu verstecken und darauf zu warten, dass irgendwelche Verrückten vorbeikommen! In diesem Fall sind es Striegen, vogelgroße Moskitos. Kaum sind wir im Wasser, kommen sie angesaust. Wie soll man bitte versuchen nicht abzusaufen … manche nennen es schwimmen … und gleichzeitig mit einer Waffe rumfuchteln?
Jetzt zahlt sich Walburs Kletterpartie aus. Mit einem gelungenen Sprung überrascht er die Angreifer von oben und reißt eine Lücke in die Formation.
Gut das die Striegen allergisch auf Gegenwehr reagieren. Ohne nennenswerten Schaden verursacht zu haben, schlagen wir sie in die Flucht!
Wenn hier nur nicht so viel Wasser wäre … um weiter in die mutmaßlichen Grindylowhöhlen zu gelangen, ist tauchen und Wasser treten angesagt. Ein Glück habe ich meine Muskete trocken im Beutel verwahrt.
Man, bei dieser Flut zerrt die Strömung ganz gut an einem rum. Überall glitschige Algen, Seetang und irgendwelche Schlingpflanzen. Positiv ist nur die knapp unter der Decke vorhandene Atemluft zu verzeichnen … wir müssen also vorerst nicht jämmerlich ersaufen!
Langsam dringen wir tiefer in den Höhlenkomplex vor.
 
Am Rande einer größeren Höhle verhakt sich Walbur in Angelschnüren … eine Falle!
Im Halbdunkel der wabernden Wasserpflanzen bewegen sich Schemen. Schemen mit tentakeligem Unterleib … Grindylows!
Ich mache mich zum Kampf bereit, doch Tork, unser Kapitän versucht Kontakt mit den Viechern aufzunehmen … ich hoffe er weiß, was er da tut!
Damn! Was reden die da … bei dem ganzen Gelaber kann doch nichts Gutes rauskommen. Außerdem sind wir mittlerweile umzingelt! Walbur hat noch versucht sich wegzuschleichen … ohne Erfolg.

JETZT ist er völlig durchgeknallt oder hat er zu viel Salzwasser geschluckt? Wir sollen unsere Waffen abgeben … GAAAANZ schlechte Idee! Verdammt, die sehen oberhalb der Gürtellinie nicht nur aus wie Goblins, wahrscheinlich verhalten sie sich auch wie meine Artgenossen.
NEIN, das kann ich nicht zulassen. Wir rennen in unser Verderben … aber wenn ich dem einen meine Harpune in die Rippen jage … VERDAMMT daneben und der Kerl merkt es nicht mal richtig …

 … NEIN, NEIN, NEIN! Jetzt haben wir tatsächlich keine offensichtlichen Waffen mehr und sind auf dem Weg zur Königin und irgendeinem Wal! Gefangener sind wir, Frischfleisch, Opfer, BEUTE! Das einzige, ich betone, wirklich das EINZIG gute ist, das wir ohne Kampf direkt zu den Anführern des Stammes gebracht werden … vorbei an Fallen, Abzweigungen, Höhlen voller Unrat, Höhlen voller Grindylows und einem riesigen Teufelsfisch!
Bei allen guten Geistern, ich hoffe inständig Tork hat wirklich einen Plan und wir eine unverschämte Menge an Glück!!!

Wenn mich die Insel eines gelehrt hat, dann dieses; es kann immer noch schlimmer kommen als man denkt! Untote Moskitos, Riesenfrösche, weibliche Ghoulbitches, ein Ghoul in dem noch mehr untote Moskitos wohnen, ein Ankhek, Striegen und jetzt DAS!
Eine geflutete Höhle, übler Gestank, fauliges Wasser voller Fleischreste und an der Wand über dem Wasserspiegel hängen Sandara und Barefoot. Mehr tot als lebendig … aber immerhin!
Leider sind auch die Eigentümer dieser feuchtfröhlichen Unterkunft anwesend!
Einige Grindylows lungern am Eingang herum. Die Königin und Brutmutter kommt auf uns zu und im Hintergrund wabbelt der Wal … ja der Name passt! Fett und groß treibt er im Wasser und stopft sich ab und an ein treibendes Fleischstück in den riesigen Mund! Wo sind wir da nur reingeraten!


Während Tork anfängt mit der Anführerin zu sprechen, taste ich unauffällig nach meiner Muskete …